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Stellschrauben für eine Mobilitätskultur mit weniger Autos


In der Wahrnehmung der Rottweiler Grünen schienen sich in der vergangenen Einwohnersammlung alle in einem einig gewesen zu sein: Der ausufernde Autoverkehr beeinträchtigt die Aufenthalts- und Lebensqualität in der Innenstadt erheblich. Ein Stress durch Staus, Lärm, Abgase. „Das passt auch überhaupt nicht zur der Schönheit des historischen Stadtbilds“, schreiben die Grünen in ihrer Pressemitteilung. Doch was kann man dagegen unternehmen?

Ein Schild, das sich erübrigt, wenn die ganze Stadt Tempo-30-Zone ist


Tempo 30 als Regelhöchstgeschwindigkeit

 

Die Gemeinderatsfraktion der Grünen lenkte in zwei Anträgen den Blick auf zwei weitere Stellschrauben, um diesen Stress zu entschärfen. Ein Vorschlag lautet: Die Stadt möge der unter anderem vom Deutschen Städtetag organisierten Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ beitreten. Als „angemessen“ gilt inzwischen Tempo 30 als Regelhöchstgeschwindigkeit. Diese verspricht mehr Verkehrssicherheit. Aber auch mehr Gerechtigkeit unter den verschiedenen Verkehrsarten auf öffentlichen Straßen. Davon profitieren endlich die lange Zeit Benachteiligten: Radlerinnen und Radler, Fußgängerinnen und Fußgänger. Aber auch Menschen, die mit Kleinst- und Leichtfahrzeugen wie E-Scootern durch die Stadt cruisen (alternativ „sich bewegen“).

 

Ein solcherart entspanntes Verkehrsgeschehen fördert eine neue Mobilitätskultur, die Bürgerinnen und Bürgern den Umstieg auf umwelt- und stadtverträgliche Verkehrsmittel schmackhaft macht. In den Augen der Grünen ist die Verkehrswende ein Gemeinschaftsprojekt, das nach der Phase des Eingewöhnens mehr Lebensqualität für alle verspricht.

 

Die Gemeinderatsfraktion weist in ihrem Antrag darauf hin, dass inzwischen rund 80 Städte sich dieser Initiative angeschlossen haben. Von der kommenden Bundesregierung erwarten sie die verkehrsrechtlichen Voraussetzungen, damit Kommunen dann Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit anordnen können. In der letzten Sitzung des Bauausschusses überraschte Bürgermeister Dr. Ruf die Grünen-Fraktion mit der Information, dass die Stadt sich zeitgleich mit den Antragstellern dieser Initiative angeschlossen hat. Das freute Stadtrat Sucker und er kommentierte schmunzelnd, dass Verwaltung und Grüne gelegentlich doch „ein Herz und eine Seele“ sind.

 

Chancen der ÖPNV-Strategie 2030 des Landes

 

Der zweite Antrag ist noch unerledigt. Darin beantragen die Grünen, die Stadt Rottweil solle sich an das Verkehrsministerium des Landes wenden mit dem Vorschlag, die Ziele der ÖPNV-Strategie 2030 in Rottweil möglichst schon zur Landesgartenschau 2028 umzusetzen. Diese Strategie sei nichts geringeres als ein „verkehrspolitischer Quantensprung“. In ihr geht es um den Kraftakt, den öffentlichen Nahverkehr bis 2030 zu verdoppeln und attraktive Alternativen zum Auto zu schaffen. So bekommen im Ländlichen Raum bis 2026 alle Orte zur Hauptverkehrszeit eine „Mobilitätsgarantie“ und werden im 30-Minuten-Takt verlässlich angebunden. Wo das nicht geht, sorgen etwa flexible, kundenfreundliche Nachfrage-Angebote für den nötigen „Qualitätssprung“. Bis zum Zieljahr 2030 ist selbst für die Randzeiten und am Wochenende ein verlässlicher Halbstundentakt vorgesehen.

 

ÖPNV zur Landesgartensschau fit machen

 

Die Grünen rechnen damit, dass diese ÖPNV-Strategie das vorliegende Mobilitätskonzept erheblich umkrempelt - bis in die Kalkulation des Bedarfs an Parkplätzen. Das bisherige Konzept ist nämlich noch durch und durch geprägt von der alten Verkehrspolitik. Da die Umsetzung der ÖPNV-Strategie des Landes sich zeitlich weitgehend mit der Landesgartenschau 2028 deckt, erscheint es den Grünen sinnvoll, das Land für eine Umsetzung der ÖPNV-Strategie in Rottweil bereits im Jahr 2028 zu gewinnen. Diese „Sonderbehandlung“ Rottweils wäre letztlich aber ein Win-win für beide: Das Land kann bei der Landesgartenschau mit seiner innovativen Verkehrspolitik glänzen und die Stadt bekommt komfortable Alternativen zum Auto serviert.

 

Vertiefende Informationen:

 

 

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