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Gelungene Premiere am Grünen Stammtisch: Grün trifft Wirtschaft


Das Stück „Grün trifft Wirtschaft“ hatte Premiere. Kleinbühne war der Grüne Stammtisch, an dem erstmals Vertreter des grünen Ortsverbands und des Rottweiler Gewerbe- und Handelsvereins (GHV) offiziell miteinander diskutierten. Resümee der Beteiligten als der Vorhang fiel: eine gelungene Premiere, die noch mehr Publikum verdient hätte. Zumal es Überraschungen gab.

Grüner Vorstandssprecher Jörg Hügel (links) und Detlev Maier, Vorsitzender des Rottweiler Gewerbe- und Handelsvereins (GHV)


Zunächst ging es um Herausforderungen des digitalen Zeitalters. Der GHV-Vorsitzende Detlev Maier meinte: „Der Onlinehandel wirkt sich je nach Branche sehr unterschiedlich aus. Im Unterschied etwa zum Buchhandel sind Lebensmittel weniger betroffen.“ Gefragt, ob der GHV an eine eigene Rottweiler Online-Plattform nach dem Modell Günzburg denkt, war Maier zurückhaltend: „Lokale Webshops sind nicht so toll.“ Die Erfolgsstrategie gegen die „Amazonisierung“ liegt eher darin, das besondere Eigene herauszustellen: durch Servicequalität, Wochenmarkt-Erlebnisse oder durch Waren zum Anfassen. Die Runde war sich einig, dass der lokale Handel offensiv auch seine sozialen und ökologischen Trümpfe ausspielt, etwa indem er bessere Arbeitsbedingungen bietet oder weniger Waren vernichtet als Onlinehändler.

GHV-Vorstandsmitglied Björn Engelhardt konnte sich durchaus eine attraktive Online-Plattform vorstellen, auf der man zwar nicht shoppen kann, die aber einladend „schöne Geschichten über Angebote in Rottweil erzählt“. Das konnte Ingeborg Gekle-Maier dick unterschreiben. Sie hatte dabei vor allem junge Menschen im Auge, denen man durch Events und Spaß Einkaufen in der realen Rottweiler Welt schmackhaft macht. Ein elementarer Beitrag zur Förderung des Einzelhandels, auf den Boris Braun (GHV) aufmerksam machte, wäre die Einrichtung einer Kinderbetreuung während den Geschäftszeiten. An mögliche Arbeitsplatzverluste durch Digitalisierung, etwa durch automatisches Warenscannen und Bezahlen mochte Detlev Maier noch gar nicht denken. Ihm liegt weiterhin am menschlichen Kontakt mit Kunden.

 

Beim Thema Mobilität wies der grüne Vorstandssprecher Jörg Hügel auf das vehemente Drängen der Ortsgrünen hin, dem Radverkehr mehr Raum im Denken, Planen und vor allem im Straßenraum zu geben. „Auch Lastenräder sind anderswo schwer im Kommen“, meinte er. Was mit schwerfälligen und flächenintensiven Autos nicht geht, schaffen Zweiräder entspannt: cool direkt vor jedes Geschäft zu fahren. Detlev Maier hatte mit dieser Radoffensive keine Probleme. Er notierte sich sofort den Wunsch, dass dazu auch sichere Abstellanlagen gehören. Dem Verlangen nach einer „autofreien Innenstadt“ begegnet er hingegen zurückhaltend. Ohne optimiertes Parkleitsystem habe er „Befürchtungen“. Die konnte auch Frank Sucker mit seiner Schilderung nicht zerstreuen, dass gerade der überbordende Autoverkehr die Aufenthalts- und Lebensqualität der prachtvollen historischen Innenstadt beeinträchtigt - und somit auch den Handel.

Es tut sich was im Umgang mit Verpackungsmaterial. Hier verriet Maier, dass bei Edeka Plastik für Obst und Gemüse bald out sei und durch Baumwollnetze ersetzt wird. Und beim Einkauf von Käse kommt Papier zu Zuge. Wenn die hygienische Probleme geklärt sind, können Kunden auch ihre eigenen Gefäße mitbringen. Er sieht darin weitere Pluspunkte des lokalen Einzelhandels gegenüber Onlineriesen.

Letztes Thema war Nachhaltigkeit. Hier strich Maier die Regionalität des Warenangebots heraus, die sogar markanter ist als die Biowelle. Auf Bedenken von Maria Sinner gegen Massentierhaltung antworte er, dass er seine Fleischproduzenten kennt. Schlussapplaus von grüner Seite gab’s für Maiers Überlegung, die inzwischen 50 Jahre alte Satzung des Rottweiler Gewerbe- und Handelsvereins zu überarbeiten und Nachhaltigkeit im Wirtschaften als Vereinsziel aufzunehmen.

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