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Kerstin Andreae beim grünen Neujahrsempfang: "Zukunft so gestalten, dass unsere Kinder mindestens die gleichen Chancen haben wie wir."


„Wir hoffen, dass wir eine Bundesregierung bekommen, die die Ökologie nicht außen vor lässt.“ So begrüßte Sonja Rajsp, Kreissprecherin der Grünen, die zahlreichen Gäste beim Neujahrsempfang im Schwarzen Lamm. Immerhin hat der kleinste Kreisverband des Landes ein tolles Wahlergebnis hingelegt. „Wir sind zwar klein, aber irgendwas machen wir richtig, und irgendwie sind wir auch wichtig!“

V.l.n.r.: Kerstin Andreae (MdB), Hubert Nowack, Sonja Rajsp, Martina Braun (MdL)


Zum Beispiel in Sachen Glyphosatverbot. Auch wenn Landwirtschaftsminister Schmidt einer Weiternutzung zugestimmt hat, hätten die Rottweiler Grünen um Hubert Nowack ein Verbot auf Rottweils kommunalen Flächen durchgesetzt. „Wir werden weiter kämpfen. Es geht nicht nur darum, zu verbieten, sondern auch um Kommunikation mit den Nutzern und darum, bessere Alternativen zu finden“, so Sonja Rajsp.

Sie erzählte von einem Gespräch mit Manfred Haas, Kreisvorsitzender des Bauernverbands, der eine große Versuchsreihe mit 1700 Kombinationen aus Sorten, Saatzeit, Dünge, Pflanzenschutz, Bodenbearbeitung gestartet hat. Der Großteil der Versuchsreihen sei immer noch konventionell und auch Glyphosat sei dabei, aber: „Hier findet ein allmähliches Umdenken statt!“ Man müsse weg vom Produzieren auf Teufel komm raus unter dem Motto „wachse oder weiche“, so Rajsp und nannte als Positivbeispiel das Hardter Projekt „Ackernative Solidarische Landwirtschaft“, dessen Vereinsgründung am kommenden Mittwoch im Gasthaus Grüner Baum in Hardt ansteht. Wichtig sei, dass das Risiko anders verteilt werde. Egal wie groß die Ernte ist: Der Landwirt bekommt seine Pacht und die Gärtner ihren Lohn - das Risiko tragen die Vereinsmitglieder.

Bundestagskandidat und Vorstandssprecher Hubert Nowack betonte, die Grünen im Kreis seien gut aufgestellt, setzten sich für mehr ÖPNV und auch die Breitbandversorgung ein. Mit vielleicht ungewollter Rückendeckung der Stadt Rottweil, deren Slogan für die Landesgartenschau „Höher, grüner, weiter“ laute. „Daran werden wir weiterarbeiten“, trotz des hinter ihm liegenden anstrengenden, kräftezehrenden Wahlkampfs.

Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae hatte nur Lob für die hiesigen Grünen und ihre Sprecherin. Sie kennt niemanden, der so engagiert ist wie Sonja Rajsp und freut sich über deren Wahl in den baden-württembergischen Landesvorstand der Grünen. Und das sogar als Stimmenkönigin! Ihr Bericht aus Berlin klang weniger erfreulich. Die FDP habe die Jamaika-Gespräche platzen lassen, obwohl so viele Kompromisse erzielt waren: „Das ist an Verantwortungslosigkeit nicht zu überbieten.“ So hatte man sich geeinigt, 14 Kohlenmeiler abzuschalten (20 hatten die Grünen gefordert), und hätte damit sofort 40.000 Tonnen CO2 eingespart. Hingegen haben die Sondierer von CDU und SPD als erstes das Klimaziel für 2020 gekippt. „Wir hätten es vielleicht auch nicht geschafft“, gab Andreae zu, aber es einfach zu kippen, sei das falsche Signal. Eine Haltungskennzeichnung für Fleisch, gute Programme gegen Kinderarmut („eine Schande für unser reiches Land“), das Aus für die anlasslose Vorratsdatenspeicherung - alles Punkte, die die Grünen bei Jamaika durchgesetzt hatten.

 

Nun aber fehlt es an Ideen, die die Gesellschaft zusammenhält, die Fluchtursache Klimawandel bekämpft und gegen die immer größer werden Kluft zwischen Arm und Reich angeht. „Wie gestalten wir Zukunft so, dass es unseren Kindern mindestens genauso gut geht wie uns?“, fragte Andreae. Und nicht nur den Kindern in unserem Land. „Wir werden teilen müssen“, so die Politikerin, „und wir dürfen vor den anstehenden Problemen nicht die Augen verschließen“. Sie ging auch auf die AfD ein: „Die Sprache im Bundestag hat sich in wenigen Wochen verändert.“ Da sei eine Verrohung zu spüren und jedes, wirklich jedes Thema, werde so gedreht, dass es am Ende um Flüchtlinge geht. „Es ist unfassbar, wie dieses Thema sich durchzieht!“

Da werde Ungarns Präsident Viktor Orban als Held dargestellt und die Wahl in Österreich als Vorbild für Deutschland gesehen. Kürzlich habe Alexander Gauland getwittert: „Wenn Ihr Krieg haben wollt, könnt Ihr ihn haben!“ Dem müsse sich jeder entgegenstellen. „Doch sind wir wehrhaft genug?", fragte sich Andreae. Aber im Bundestag sind nicht nur Sprache und Arbeiten härter geworden. Es sitzen in ihm auch so wenig Frauen wie letztmals 1998, dabei würden Frauen der Politik guttun. Aber immerhin gibt’s auch Hoffnung: Eine Studie des BDI hat jetzt belegt, dass der Klimaschutz ein echter Jobmotor ist: Grünes Licht am Ende des Tunnels.

Landtagsabgeordnete Martina Braun freute sich über die vielen Gäste des kleinen Kreisverbands und betonte dann, dass die AfD auch in Stuttgart mit unsäglichen Debatten und stapelweise Anträgen, die nichts Sinnhaftes ergeben, für Ärger sorge. „Und alles ufert aus im Thema Flüchtlinge.“ Das stiehlt Zeit, die dann für konstruktives Arbeiten fehlt, so die grüne Politikerin. Dabei zeigt Grün-Schwarz doch, dass es geht. Man werde mit dem Rekordhaushalt in Schulen, Straßen und den Schuldenabbau und damit in die Zukunft investieren. Außerdem in den sozialen Wohnbau, der auch im ländlichen Raum nötig sei. Und in die bedrohte Biodiversität. Dabei geht es keineswegs nur um die Bienen: „Am Ende der Artenkette steht der Mensch!“ Darum setzt man jetzt unter anderem auf Landwirte, die freiwillig auf Glyphosat verzichten. Sie habe sich gefreut, als Bayerns designierter Ministerpräsident Markus Söder betont habe, dass das Ackergift aus Bayern rausmüsse. „Aber wir in Baden-Württemberg sind schon weiter!“

Viel Beifall gab es für die Politikerinnen, aber auch für die beiden Musikerinnen von two of us, Hélène und Mimi Marcel, die den Abend mit Gesang und Gitarre schön umrahmten.

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