video_label

Wählen gehen lohnt sich: Das EU-Parlament ist nicht zahnlos!

Dr. Franziska Brantner und Andreas Rebmann (Vorstandsmitglied der Rottweil-Zimmerner Grünen


„Nicht mit vollem Mund reden“, wurde einem beigebracht. Bricht da ein „Politiktalk beim Abendessen“ Anstandsregeln? Nein. Gemeinsam mit der grünen Bundestagsabgeordneten Dr. Franziska Brantner gelang ein gepflegter Gedankenaustausch. Geist und Körper versöhnt. Nachdem Brantner, Sprecherin der Grünen für Kinder- und Familienpolitik, zuvor Fachgespräche mit Stadtverwaltung und Mehrgenerationenhaus geführt hatte, ging’s am Abend bei den Ortsgrünen um Europa. Leidenschaftlich warb die frühere Europaabgeordnete für eine hohe Wahlbeteiligung am 25. Mai: „Das Parlament ist sehr wichtig. Es darf kein Tummelplatz für europafeindliche Rechtspopulisten werden.“

Das Europaparlament ist nicht mehr zahnlos, meinte Brantner. Es hat das letzte Wort auch beim Freihandelsabkommen (TTIP), das derzeit mit den USA verhandelt wird. Brantner: Eine der spannendsten Entscheidungen im neuen Parlament.Das Abkommen sei hochbrisant, weil es soziale und ökologische Standards schleift.Auf beiden Seiten des Atlantiks übrigens. So sind etwa die Finanzmarkt-Regelungen oder das Verbandsklagerecht in den USA schärfer als in Europa.

Das Abkommen schütze vor allem große Investoren und Konzerne. Die mögliche Zulassung von gentechnisch verändertem Mais in der EU, die die Bundesregierung nicht gestoppt habe, gibt einen Vorgeschmack. Inakzeptabel ist aus grüner Sicht die Einführung von Schiedsgerichten. Damit können Konzerne Staaten auf Schadensersatz verklagen, wenn diese etwa neue Umweltgesetze oder Arbeitsrechte beschließen. Das bedroht direkt die Macht nationaler Parlamente. An die Stelle von Schiedsgerichten müssen vielmehr normale Gerichte treten, so Brantner.

Ein weiteres europäisches Megathema ist die EU-Datenschutzverordnung. Es fehlt ein einheitliches Recht, dass Daten wieder gelöscht werden können. Brantner forderte daher: Jeder hat das Recht, bei Google oder Facebook vergessen zu werden.Eine europäische Handschrift braucht auch die Regulierung der Finanzmärkte oder der Flüchtlingsfrage. Vor allem gelte es, endlich die Fluchtursachen zu bekämpfen. Etwa das Leerfischen der Meere durch europäische Fangflotten vor der Haustür kleiner afrikanischer Fischer.

Ein trauriges europäisches Kapitel ist in Brantners Augen die Energiepolitik. Anstatt die Klimaschutzziele zu verschärfen, müsse man jetzt schon froh sein, wenn der Status quo nicht kippt: Der frühere baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger hat viel kaputt gemacht.Scharf kritisierte sie ihn als jemanden, der sich geradezu als Lobbyist fürs Frackinghervortut - die ökologisch höchst strittige Gewinnung von Schiefergas aus dem Boden.

 

Entgegen gängiger Ansichten, die an Europa kein gutes Haar lassen, lobte Brantner das EU-Parlament. Sie kenne nun beide Parlamente. Im Vergleich zum Bundestag geht es in der EU transparenter zu. Sitzungsunterlagen kommen früh und die technische Infrastruktur ist moderner, urteilte die einstige Europaparlamentarierin. Im Bundestag könne man noch nicht einmal Videokonferenzen abhalten und so Kosten und Reisezeiten sparen.

expand_less