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Grüne: Zimmerns Dorfentwicklung braucht einen Bebauungsplan

V.l.n.r.: Göringer, Leyh, Lindlohr (MdL)

Gleich mehrfacher Besuch reiste von Stuttgart nach Zimmern: Anja Göringer und Dita Leyh vom Internationalen Stadtbauatelier machten ab 13 Uhr mit den grünen Kreisvorständen Winfried Praglowski und Gabriele Schneider sowie einigen interessierten Bürgerinnen und Bürgern einen Rundgang durch Zimmern. Später kam auch Andrea Lindlohr (MdL), Sprecherin der Grünen für Bauen und Wohnen, ins Café zur Bienenkönigin.

Warum wird denn überhaupt noch gebaut bei abnehmender Bevölkerung? Laut Lindlohr besteht ein Bedarf an Wohnen, 20.000 – 30.000 Wohnungen im Jahr werden benötigt. Es geht um Ersatzbeschaffung, weil viele alte Nachkriegshäuser energetisch schlecht gebaut, in schlechtem Zustand sind und abgerissen werden. Auch die Pro-Kopf-Wohnfläche ist heute viel größer als früher.

Ziel der Dorfentwicklung ist, dass ein Ort Charakter behält und der Innenort entwickelt wird. Dann entsteht eine lebendige Gemeinde mit einem attraktiven Ortskern und einer bunt gemischten Bevölkerung. Doch wie kann das erreicht werden? Ausweisung von Neubaugebieten sowie Handelszentren auf der „grünen Wiese“ sind eher kontraproduktiv. Um Leerstände festzustellen, regte Frau Lindlohr ein Baulückenkataster an. So kann man Neubauten im Außenbereich verhindern. Auch das altersgerechte Wohnen wird immer wichtiger. Laut Lindlohr gibt es interessante Förderprogramme der KfW und L-Bank. Wenn bei neuen Gebäuden ein Stockwerk barrierefrei nutzbar ist, so ist das förderungswürdig.

Nach Frau Lindlohr sprach Frau Leyh über aktuelle und absehbare Probleme der Gemeinden. Wie kann man das Ortszentrum gestalten? Wie kann ein Ort seinen individuellen Wiedererkennungswert bewahren? Wie werden wir neuen Wohnformen gerecht? Wir brauchen einerseits viele Single- oder 2-Personen-Haushalte, andererseits auch altersgerechtes Wohnen. Nach der Darstellung der Problematik und Lösungsansätzen anhand des Beispiels Korntal-Münchingen, vorgestellt von Anja Göringer, wandten sich die Stadtplanerinnen Zimmern zu.

Nach dem Rundgang durch Zimmern stellten Frau Leyh und Frau Göringer sehr unterschiedliche Baustile in Zimmern fest. Sie sprachen von „zwei Herzen von Zimmern“. Da ein Bebauungsplan fehlt, gibt es keine Richtlinien, die das Ortsbild lenken. Die Bauträger haben freie Hand. Da eher locker bebaut ist, ist noch viel Verdichtung möglich. Leyh schlug vor, das neue mit dem alten Zentrum verknüpfen, z. B. das neue Zentrum mit den Geschäften und das alte Zentrum eher grün mit Kultur für Familien zu gestalten. Diese beiden Herzen sollen miteinander verknüpft werden. Die breiten Straßen bieten viel Gestaltungsspielraum.

Winfried Praglowski stellte die Frage nach den Kosten für ein ausführliches Gutachten mit konkreten Vorschlägen für die Dorfentwicklung. Laut Frau Leyh variieren die Kosten je nach Aufwand stark. Für Zimmern sind 20.000 - 30.000 € realistisch. Winfried Praglowski: „Dafür hätten wir Zimmerner für Jahrzehnte einen Plan, wo wir hinwollen, und vor allem endlich Frieden im Dorf! Das sollte es uns wert sein!“ Zudem gibt es Förderprogramme im Bereich Planen, aber auch bei der direkten Umnutzung.

In der anschließenden Diskussion war man sich einig: Zimmern braucht einen Leitfaden für die Dorfentwicklung. Eine Teilnehmerin stellte fest, die Gemeinde habe Angst, dass Bewohner davonlaufen. Deswegen hänge sie sich an den Hals von Investoren und hoffe darauf, dass so Einwohner kommen. „Schade, dass bei so hochkarätigem Besuch und bei so einem wichtigen Thema keiner von der Kommune da ist – das ist eine Schande“, meinte ein erzürnter Zimmerner. Daraufhin bot Frau Leyh an, den Vortrag nochmals in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung zu halten. Winfried Praglowski wird dieses Angebot beim Gemeinderat einbringen: „Es geht schließlich darum, dass wir hier eine kommunale Selbstverwaltung haben – man kann in der Gemeinde ganz viel entscheiden!“

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