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Grünes Nachdenken über Stilfragen in Politik, Stadtbild und Diskussionskultur


Sind Stilfragen angestaubt und uncool? In letzten Treffen von grünem Ortsvorstand und Gemeinderäten waren sie jedenfalls sehr präsent. Etwa als es um politische Eitelkeiten, das Rottweiler Stadtbild oder den internen Umgang in der „Rottweiler Ökoszene“ ging. Manche Ansicht bleibt wohl frommer Wunsch. Doch in einem möchten Rottweils Grüne Nägel mit Köpfen machen: Der Klimaschutz soll in den örtlichen Bauvorschriften nicht länger außen vor bleiben - bei allem Respekt vor dem wichtigen Denkmalschutz.

Hier endet das Radeln entlang des Neckars


Die grüne Runde war’s zufrieden, dass dem Stadtbild nun der Parkhausklotz neben der Duttenhofer Villa erspart bleibt. Doch war im Gemeinderat dazu das lange Geplänkel vor dem einstimmigen Beschluss nötig? Die CDU war mit ihrem Antrag für die schlanke Parkplatzlösung zwar clever auf den Meinungstrend aufgesprungen. Doch Ingeborg Gekle-Maier resümierte, dass sie zuvor „nichts zum Umdenken beigetragen hatte.“ Daran hatten andere sich abgerackert - beileibe nicht nur die Grünen. Wäre der CDU ein Zacken aus der Krone gebrochen, wenn sie dies im Antrag benannt hätte? Bei allem Profilierungsdruck sollte es auch bei der Verwaltung stilbildend sein, bürgerschaftliche Denkanstöße anderer zu würdigen.

Eine Stilfrage ist auch das Gesicht der historischen Innenstadt. Niemand will dieses mutwillig verschandeln. Wer sägt schon den Ast ab, auf dem er sitzt. Doch Stefan Mauch fragte sich angesichts der Querelen um das Haus Friedrichsplatz 16: „Muss das Leben sich auf ewig den örtlichen Bauvorschriften fügen? Oder müssen diese sich nicht auch behutsam dem sich verändernden Leben anpassen?“ Etwa dem Klimaschutz oder dem Wohnungsmangel? Frank Sucker schlug einen Kompromiss zwischen Denkmal- und Klimaschutz vor: „Andere stadtbildbewusste Städte wie Villingen oder Konstanz erlauben in der Innenstadt Solaranlagen. Weshalb nicht Rottweil?“ Natürlich eingeschränkt auf Dachflächen, die von öffentlichen Verkehrsräumen nicht einsehbar sind.

Vorstandssprecher Jörg Hügel meinte: „Das Schaffen innerstädtischen Wohnraums ist die soziale Herausforderung der kommenden Jahre. Das hilft, die Innenstadt zu beleben.“ Auch hier können Kompromisse zwischen Denkmalschutz und barrierefreiem Wohnen nötig sein. Den strittigen Aufzug am Friedrichsplatz 16 hielt Ingeborg Gekle-Maier für gelungen. Doch große Skepsis galt dem Bau neuer Garagen. Schöne Innenstadtwohnungen werden gerade dank einer künftigen Verkehrsberuhigung attraktiv. Ein Vermieten scheitert kaum an fehlenden Garagen.

Sucker schilderte abschließend, wie ihn nach der Veranstaltung zur Landesgartenschau im Kapuziner drei Kritiker des Lückenschlusses Neckartalradweg ruppig angingen, den die Bewerbung vorschlägt. In der Versammlung zuvor schwiegen sie. Das Vergehen? Mauch und Sucker hatten in einem Redaktionsgespräch ökologische Probleme dieses Projekts lediglich benannt, dieses aber nicht in der Luft zerrissen. „Ich fühlte mich wie in der heiligen Öko-Inquisition“, witzelte Sucker. Der Ortsverband erteilte den beiden gnädig Absolution. Denn jetzt dreht sich alles darum, die Landesgartenschau geschlossen an Land und Neckar zu ziehen. Erst nach erfolgreichem Bewerben beginnen die Fachdiskussionen über die einzelnen Projekte. Unaufgeregt, im zeitgemäßen dialogischen Umgangsstil, bei dem auch Humor und Selbstzweifel nicht schädlich sind.

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