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Die Verkehrswende ist eingeleitet: Umweltverbund von ÖPNV und Radverkehr gestärkt

Thomas Marwein zu Gast beim grünen Ortsverband Rottweil-Zimmern

V.l.n.r.: Andreas Rebmann, Thomas Marwein (MdL), Winfried Praglowski


Thomas Marwein, grünes Mitglied im Verkehrsausschuss des Landes, legt die verkehrspolitischen Weichenstellungen des Landes dar. Damit regt er eine schwungvolle Diskussion an.

 

Hier der Bericht über diese Veranstaltung:

 

Kein einfach Ding, nachhaltige Mobilität im ländlichen Raum voranzubringen. Da sind etwa die Hemmnisse durch die vielen Verkehrsverbünde oder die Konzessionen für Buslinien, die vor Konkurrenz schützen. Andererseits gibt’s aber auch spannende Herausforderungen für Neues. Das offenbarte die Veranstaltung des grünen Ortsverbands Rottweil-Zimmern zum Thema „Verkehrswende im ländlichen Raum“. Impulsgeber für lebhafte Diskussionen mit kreativen Anregungen war Thomas Marwein, grünes Mitglied im Verkehrsausschuss des Landtags. Marwein war vorsichtig mit voreiligen Aussagen und meinte problembewusst mehrfach: „Es ist schwierig“. Und ermunterte zugleich, neue Ideen umzusetzen.

Eingangs präsentierte Marwein verkehrspolitische Highlights der Landesebene. „60 Prozent der Verkehrsfinanzen werden für den Umweltverbund ÖPNV und Radverkehr ausgegeben und 40 Prozent für die Straße. Damit haben wir einen Wechsel in der Verkehrspolitik eingeleitet“, so Marwein. Da beim Wort „Verkehr“ fast alle nur ans Auto denken, würde er das Verkehrsministerium am liebsten in „Mobilitätsministerium“ umtaufen. Und stolz war er, dass im Schienenverkehr durch den Einsatz von Landesmitteln keine Züge abbestellt wurden. Künftig erlauben neue Ausschreibungsverfahren auch mehr Wettbewerb. Das sei gut für die Preise. Auch lassen sich dann endlich mehr Neufahrzeuge mit komfortablen Waggons anschaffen.

 

Sind die Grünen Straßenfeinde? Bei diesem gern kolportierten Vorurteil wurde wurde Marwein sehr deutlich. „Straßen sind Wertanlagen“, betonte er. Die dürfen nicht verlottern, denn frühe Versäumnisse rächen sich bitter. Für Straßensanierungen würden deshalb jetzt Rekordsummen ausgegeben. Doch der Erhalt von Straßen rangiere bei Grün klar vor dem Neubau. Trotzdem verschließe man sich nicht neuen Vorhaben. Allerdings nun auf der Basis klarer Kriterien. Eine Pein sprach er offen an: Wegen der Verwaltungsreform fehlen jetzt rund 200 Fachkräfte in der Straßenbauverwaltung.

 

Nach vorn blickend, wies er auf das Regionalbuskonzept hin, denn es gelte „alles zu tun für die ländlichen Räume“. Auch die Gäubahn werde für den schnellen Fernverkehr fit gemacht mit dem Fernziel eines Halbstundentakts. Trotz knapper Mittel plane man auch Radwege entlang von Landesstraßen, denn „wir leben im Zeitalter des Pedelecs.“

 

In der Aussprache warben Jochen Baumann und der Zepfenhaner Ortsvorsteher Mager vehement für eine bessere Busanbindung Richtung Zollern-Alb-Kreis. „Es darf doch nicht wahr sein, dass der Südbadenbus in 300 Meter Entfernung einfach an Zepfenhan vorbeifährt“, so Baumann. Beide baten Marwein und Landrat Dr. Michel um ihren Beitrag, diesen unsinnigen Zustand zu beenden. Eröffnen Bürgerbusse vielleicht einen Ausweg? Klare Ansage von Marwein: „Bürgerbusprojekte wollen wir fördern“. Hier klinkte sich auch Christian Klaiber von der Initiative Zukunftsmobilität mit Sitz in Trossingen ein. Vielleicht lasse sich dazu in Kooperation mit der Stadt ein innovatives Projekt mit elektrischen Bürgerautos starten.

 

Die Rottweiler Gemeinderätin Ingeborg Gekle-Maier ging einenSchritt weiter: „Wie können wir den Landkreis so attraktiv machen, dass Menschen nicht abwandern?“ Dörfer bluten aus, Läden schließen. Neben schnellem Internet komme da auch einer vorzüglichen Verkehrsinfrastruktur herausragende Bedeutung zu. Etwa für Senioren, Arme, Schichtarbeiter. Hier wäre ein Projekt denkbar, in das auch Unternehmen eingebunden sind. Das gefiel auch Hubert Nowack. Zwar seien einbrechende Schülerzahlen eine Kostenbelastung für den öffentlichen Verkehr, doch biete der demographische Wandel durch die wachsende Zahl betagter Menschen womöglich auch ganz neue Chancen.

 

Landrat Dr. Michel packte die Gelegenheit beim Schopf, Marwein ein paar Wünsche mitzugeben: den Ausbau der Gäubahn, eine Optimierung des dortigen Taktverkehrs, die Elektrifizierung der Bahnstrecke von Rottweil Richtung Villingen, sowie die Straßensanierung zwischen Hardt und Mariazell. Bei den Kriterien zur Sanierung vermisst er zudem die Beachtung der Kanalqualität. Durch eine kombinierte Bauabwicklung ließen sich, bei Fluorn-Winzeln etwa, Kosten sparen.

 

 

Kontrovers blieb, ob umweltschonende Mobilität eher durch erweiterte ÖPNV-Angebote gefördert wird oder durch bedarfsorientierte Strategien, beispielsweise durch flexible Ruf- oder Bürgerbusse. Oder gehört beides vielleicht zusammen? Dr. Michel mahnte jedenfalls, eine Grundversorgung müsse sein, doch „der ÖPNV darf kein Fass ohne Boden werden.“ Rufbusse könnten Mobilitätslücken füllen. Der Zimmerner Gemeinderat Winfried Praglowski griff das umgehend auf: „Diese Alternative muss dann aber viel besser beworben werden.“ Und er hatte gleich ein ideales Werbemedium im Auge: den Abfallkalender. Dieser sei jahrüber in allen Haushalten präsent. Der Landrat notierte sich diese Idee und sagte Prüfung zu.

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